News im Wandel: die wichtigsten Erkenntnisse des Reuters Digital Institute Reports 2024

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Seit seiner ersten Veröffentlichung im Jahr 2012 hat sich der Digital News Report des Reuters Institute for the Study of Journalism als eine der umfassendsten und einflussreichsten Studien über die weltweite Nutzung von Nachrichtenmedien etabliert. Der Bericht analysiert jährlich die sich wandelnden Trends und Muster im Nachrichtenkonsum und bietet wertvolle Einblicke für Medienunternehmen, Journalisten, Forscher und politische Entscheidungsträger.

Der Digital News Report wird vom Reuters Institute for the Study of Journalism an der Universität Oxford erstellt. Unterstützt wird das Projekt von einer Vielzahl globaler Partner und Sponsoren, darunter die Google News Initiative, BBC News, Ofcom, die irische Coimisiún na Meán, die niederländische Medienbehörde (CvdM), die Media Industry Research Foundation of Finland, die Fritt Ord Foundation, die Korea Press Foundation, Edelman UK, NHK (Japan) und die Reuters News Agency.

Kontinuierliche Erweiterung

In den vergangenen zwölf Jahren hat der Bericht kontinuierlich an Umfang und Tiefe gewonnen. Die erste Ausgabe im Jahr 2012 umfasste eine Handvoll Länder, während der Bericht 2024 Daten aus 47 Märkten auf sechs Kontinenten abdeckt und damit mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung repräsentiert. Dies ist die bisher größte Ausgabe des Berichts, mit fast 100.000 Befragten, die eine breite und repräsentative Datengrundlage bieten.

Die Zusammenfassung des Reports in englischer Sprache finden Sie hier. Den kompletten Report als PDF gibt es hier.

Hier sind die wichtigsten Erkenntnisse aus dem diesjährigen Bericht:

1. Rückgang der Nachrichtenutzung auf Facebook

In vielen Ländern, auch in Deutschland verzeichnen wir einen deutlichen Rückgang der Nutzung von Facebook für Nachrichten und eine zunehmende Abhängigkeit von alternativen Plattformen wie privaten Messaging-Apps und Video-Netzwerken. Die Nutzung von Facebook für Nachrichten ist weltweit um 4 Prozentpunkte im letzten Jahr zurückgegangen, während Plattformen wie YouTube, WhatsApp und TikTok zunehmend wichtiger werden.

2. Fragmentierung der Online-Nachrichtenplattformen

Die Nutzung von Online-Plattformen für Nachrichten fragmentiert sich weiter. Neben traditionellen Nachrichtenquellen gewinnen auch private Messaging-Apps und Video-Netzwerke an Bedeutung, was die Fragmentierung der Nachrichtenlandschaft verstärkt.

Sechs Netzwerke erreichen mittlerweile mindestens 10 % der Befragten, im Vergleich zu nur zwei vor einem Jahrzehnt. YouTube wird von fast einem Drittel (31 %) der globalen Stichprobe jede Woche für Nachrichten genutzt, WhatsApp von rund einem Fünftel (21 %), während TikTok (13 %) erstmals Twitter (jetzt X) überholt hat.

3. Bedeutungszuwachs von Video

Video wird zu einer immer wichtigeren Quelle für Online-Nachrichten, insbesondere bei jüngeren Gruppen. Zwei Drittel (66 %) der Stichprobe greifen jede Woche auf kurze Nachrichtenvideos zu, während längere Formate etwa die Hälfte (51 %) anziehen. Die Hauptplattformen für Nachrichtenvideos sind dabei Online-Plattformen (72 %) und nicht die Websites der Verlage (22 %).

4. Abnehmendes Vertrauen in Nachrichten

Das weltweite Vertrauen in Nachrichten (40 %) ist im letzten Jahr stabil geblieben, liegt aber immer noch vier Punkte niedriger als auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie. Finnland bleibt das Land mit den höchsten Vertrauenswerten (69 %), während Griechenland (23 %) und Ungarn (23 %) die niedrigsten Werte aufweisen. Das Vertrauen in Nachrichten ist in Deutschland stabil geblieben, nachdem es in den vergangenen Jahren einen Abwärtstrend gegeben hatte.

Besorgniserregend ist auch in Deutschland die zunehmende Feindseligkeit gegenüber Journalisten, insbesondere im Zusammenhang mit Berichterstattung über rechtsextreme Gruppen und Protesten gegen die Grünen.

5. Zunehmende Nachrichtenvermeidung

Rund vier von zehn (39 %) geben weltweit an, Nachrichten manchmal oder oft zu vermeiden – ein Anstieg von 3 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. Dieser Trend zeigt sich besonders stark in Brasilien, Spanien, Deutschland und Finnland. Auch etwa 39 % der Deutschen geben an, Nachrichten manchmal oder oft zu vermeiden. Dies ist ein Anstieg von 3 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr und zeigt eine wachsende Ermüdung durch negative Nachrichten.

In offenen Kommentaren wird erwähnt, dass unlösbare Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten einen Einfluss haben könnten.

6. Stagnierende Nachrichten-Abonnements

Das Wachstum bei Nachrichten-Abonnements bleibt gering, mit nur 17 % der Befragten in 20 wohlhabenderen Ländern, die im letzten Jahr für Online-Nachrichten bezahlt haben. In Nordeuropa, wie in Norwegen (40 %) und Schweden (31 %), ist der Anteil der Zahlenden am höchsten, während Japan (9 %) und das Vereinigte Königreich (8 %) zu den niedrigsten gehören.

Nur 13 % der Deutschen haben im vergangenen Jahr für Online-Nachrichten bezahlt, was im internationalen Vergleich niedrig ist. Es gibt kaum Wachstum bei den Nachrichtenabonnements, was auf eine anhaltende Zurückhaltung der Verbraucher hinweist.

7. Verbreitung von Falschinformationen

Die Sorge darüber, was im Internet echt und was falsch ist, ist um 3 Prozentpunkte gestiegen, wobei rund sechs von zehn (59 %) besorgt sind. Die Besorgnis ist in Südafrika (81 %) und den USA (72 %) besonders hoch, zwei Ländern, die dieses Jahr Wahlen abgehalten haben.

8. Misstrauen gegenüber Künstlicher Intelligenz (KI)

Es besteht weit verbreitetes Misstrauen gegenüber dem Einsatz von KI in der Nachrichtenproduktion, insbesondere bei harten Nachrichten wie Politik oder Krieg. Die Öffentlichkeit bevorzugt, dass Menschen stets die Kontrolle behalten, auch wenn KI zur Unterstützung von Journalisten genutzt wird. Dieses Misstrauen steht dem Bestreben der Medienanbieter KI in die eigenen Prozesse zu integrieren entgegen.

Fazit

Der Digital News Report 2024 zeigt, dass sich die Nachrichtenlandschaft in einer Phase tiefgreifender Veränderungen befindet, getrieben durch technologische Fortschritte, sich wandelnde Konsumgewohnheiten und wirtschaftliche Herausforderungen. Verlage und Medienanbieter stehen vor der schwierigen Aufgabe, sich an diese neue Realität anzupassen und das Vertrauen des Publikums zurückzugewinnen.

Neue digitale Plattformen laufen klassischen Medienanbietern zunehmend den Rang ab, d.h. immer mehr Nutzende erhalten ihre täglichen Nachrichten über diese Plattformen. Allerdings zeigt sich auch hier eine zunehmende Fragmentierung. Daraus ergeben sich Chancen, aber auch Risiken für Content- und Nachrichtenanbieter.