10 gute Gründe die eigene Paid Content Strategie mit einer nativen App zu erweitern

Seit Jahren arbeiten Verlage mit unterschiedlichen Strategien und Ideen daran, mit Paid Content Geld zu verdienen. Nachdem viele Häuser einige Jahre stark auf Plattformen wie Facebook als Reichweitenlieferanten gesetzt haben, ist den meisten mittlerweile klar geworden: 1. Facebook&Co verschenken keine Reichweite und 2. Reichweitenbasierte Werbevermarktung allein macht nicht glücklich.

Man muss zusätzliche Erlösmodelle etablieren und dazu nachhaltig in eigene, unabhängige Medien, Plattformen und Produkte investieren. Die direkte Kundenbeziehung zählt, weil sie letztlich das ist, was langfristig profitabel monetarisierbar ist.

Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass die Bereitschaft für Inhalte und Nachrichten im Netz Geld auszugeben, generell – wenn auch nur langsam – wächst. Immerhin 15 Prozent der User haben schon mal für News bezahlt, Tendenz steigend. Ein langsames Umdenken ist zu erkennen.

Auch wenn es den einen Königsweg in Sachen Paid Content nicht gibt, zeigen verschiedene Beispiele worauf es dabei grundsätzlich ankommt. Wir arbeiten seit vielen Jahren mit Verlagen und Medienanbietern an unterschiedlichen Projekten und Produkten. Viele davon fokussieren sich auf Paid Content. Daraus ergeben sich Erfahrungen, positive wie negative, sowie einige Faktoren, die wir im folgenden teilen und zusammenfassen wollen.

1. Nutzer erwarten eine native News App

Ganz gleich in welchem Marktsegment und in welcher Zielgruppe ein Nachrichtenangebot unterwegs ist, viele Nutzer erwarten heute eine hochwertige native App als Teil eines Paid Content Angebots.

Erfahrene News-Konsumenten sind dies von großen kostenlosen, aber auch von vielen anderen Paid Content-Angeboten schlichtweg gewohnt. Mit entsprechender Bezahlung erwarten Kunden erst recht die Möglichkeit alle Inhalte in attraktiver und qualitativ hochwertiger Form auch mobil nutzen zu können. Besonders bei jüngeren Zielgruppen, ist diese Erwartungshaltung gesetzt. Ohne ein starkes mobiles Angebot wird es schwer diese Zielgruppe zu zahlenden Kunden zu konvertieren.

Für diese Zielgruppen gilt mehr als je zuvor: “mobile-first

Das spannende dabei: Junge Leser weisen die höchste Zahlungsbereitschaft für digitale Berichterstattung auf! Dies hat gerade eine aktuelle PWC Studie bestätigt (mehr dazu hier).

2. Mobile Nachrichtennutzung dominiert

Auch ein Blick auf die Zahlen macht deutlich: die mobile Nachrichtennutzung steigt seit Jahren kontinuierlich. In den Altersgruppen unter 45 Jahren überwiegt bereits der Einsatz des Smartphones beim Konsum von Nachrichten und Inhalten gegenüber dem klassischen PC (siehe Reuters Institute Digital News Report 2018).

Es ist anzunehmen, dass die mobile Nutzung weiter zunehmen wird und Inhalte in praktisch allen Zielgruppen mittelfristig abseits des beruflichen Alltags von Arbeit am PC vorwiegend auf einem Smartphone konsumiert werden (übrigens auch zu hause). Technische Innovationen verbessern mobile Endgeräte zudem von Jahr zu Jahr. In diesem Jahr bspw. werden die ersten faltbaren Smartphone erwartet, die die 24/7-Nutzung noch weiter vorantreiben werden und auch “Smart Watches” werden immer interessanter.

Ein guter Benchmark für Content-Anbieter ist daher folgender Vergleich: der Anteil der mobilen Nutzung am eigenen Gesamtangebot im Vergleich zum Anteil des eigenen Budgets, welches gezielt primär in mobile Produkte wie Apps oder die mobile Website fliesst.

Nur sehr wenige Anbieter investieren zu viel in Ihr mobiles Portfolio. Die allermeisten investieren noch viel zu wenig.

3. Die mobile Website allein ist ungeeignet zur Bindung der Nutzer

Die meisten Verlage verfügen mittlerweile über hochwertige News-Portale im Web, die sie mittlerweile intern mit erfahrenen Produktmanagern und Software-Entwicklungsteams betreiben und weiterentwickeln. Ob als komplett responsives Angebot oder als spezielle mobile Website – diese Angebote sind der Grundpfeiler jeder digitalen Publishing-Strategie und ein “Muss”, um Reichweite nachhaltig zu entwickeln und zu monetarisieren. Die Vermarktung von Paid Content Angeboten braucht immer auch Online-Reichweite.

Betrachtet man die Nutzungssituation auf dem Smartphone, zeigen sich die Nachteile von Websites gegenüber eigenen Apps. Mobile Websites sind nur in einer Browser-App wie Safari oder Chrome nutzbar. Die können Nutzer können schnell zwischen Links und Websites “zappen”. Die Verweildauern auf mobilen Webseiten sind dementsprechend oft kurz, zumal Nutzer immer weniger direkt über die Homepage einsteigen. Der Traffic kommt von anderen Plattformen oder Aggregatoren.

Allerdings eignen sich mobile Websites weniger als permanente Anlaufstelle. Nutzer können sich Websites als “Bookmarks” theoretisch auf dem Homescreen ablegen. Praktisch machen dies aber nur sehr wenige Nutzer. Sprich: die wichtigste mobile Navigationsebene für Nutzer bleibt immer den Apps bzw. dem App Icon auf dem Smartphone vorbehalten.

Ohne eigene App mit eigenem Icon ist es schwierig (um nicht zu sagen:_ unmöglich) die eigene Marke auf dem wichtigsten Endgerät der Zielgruppe nachhaltig zu positionieren.

4. Native Apps bieten eine überlegene User Experience

Echte native Apps haben aber noch einen anderen, ganz entscheidenden Vorteil: sie bieten eine bessere User Experience mit überlegener Performance und Bedienbarkeit. Als eigenständige “Applikation” erlauben sie ein viel größeres Maß an Interaktivität als jede Website. Sie bieten Zugriff auf Funktionalitäten des Endgeräts, die dem Browser nicht gestattet sind. Speziell im Bezug auf Inhalte ergeben sich innovative technische Möglichkeiten wie Augmented oder Virtual Reality aber auch ein größeres Maß an Freiheit in Sachen Ladeverhalten, Offline-Lesbarkeit oder Multimedia (spez. Video- und Audio).

Eine hochwertige User Experience ist als “Verkaufsargument” für Paid Content” wichtig, denn Nutzer beurteilen in der Regel das “Gesamtpaket”. Und dazu gehört neben der Qualität der Inhalte eben auch das tägliche Nutzungserlebnis. Ein Premium Paid Content Produkt muss versuchen seinen treuesten, besten und wichtigsten Kunden (= denen die zahlen) auch das Maximum an Nutzererlebnis zu liefern.

Hybrid-Apps, die oft nur aus sogenannten “App-Wrappern” bestehen und innerhalb dieser Hülle letztlich die mobile Website anzeigen, sind übrigens nur ein schlechter Kompromiss. Den Ansprüchen von zahlenden Nutzern werden diese Apps nicht gerecht. Und auch sogenannte “Progressive Web Apps” (PWAs, mehr dazu hier) sind zwar ein Hoffnungsstreif am Horizont, aber de facto heute auch nur ein Versprechen.

Letztlich ist zu erwarten, dass Apple und Google schon aus purem Eigeninteresse den eigenen Ökosystemen iOS und Android weiter einen erheblichen Vorsprung sichern werden.

5. Erweiterung des Portfolios durch günstige App-only Angebote

Mittlerweile gibt es aus der Erfahrung erfolgreicher Paid Content Anbieter verschiedene strategische Learnings. Eine wichtige Erkenntnis ist, dass Produkte und Preise einfach gestaltet sein sollten. Und dass es wichtig ist ein günstiges, attraktives Einstiegsangebot machen zu können. Denn nur damit lassen sich auch preissensible Zielgruppen erfolgreich ansprechen.

Da die Preispunkte bei Print- und ePaper kaum bzw. gar nicht flexibel sind, bieten sich hier rein digitale bzw. mobile Pakete an. Eine besonders attraktive Option bietet die News App mit Zugriff auf alle Inhalte als getrenntes, preisgünstiges Stand-Alone-Angebot. Besonders bei jungen Zielgruppen sind solche Pakete unter 10,-EUR/Monat beliebt und oft sind sie für diese “mobile-first” Zielgruppen sogar ausreichend.

Eine eigene News App bietet notwendigen Spielraum in Sachen Produkt- und Preisstrategie abseits der bekannten Digitalangebote Website und ePaper. Spielraum, der zum experimentieren und lernen dringend benötigt wird.

6. Die ePaper App spricht nur einen Teil der Zielgruppe an

Viele Verlage bedienen das native App-Angebot mit einem ePaper. Das macht viel Sinn und bedient ältere Zielgruppen, die sich digital eine Replika des Print-Produkts wünschen. Besonders für Tablet-PC und iPad-Nutzer eignen sich diese Angebote als Verlängerung des Print-Abos.

Mobil, d.h. auf dem kleineren Smartphone sind digitale Zeitungsformate als ePaper – ganz gleich wie gut diese Apps mittlerweile gemacht sind – jedoch eher ungeeignet. Die User Experience ist beschränkt und entspricht kaum dem Nutzungsverhalten der meisten mobilen Nachrichtenleser. Smartphone-Nutzer erwarten ein inhaltliches Live-News Angebot, welches sich schnellstmöglich aktualisiert, wenn es Neuigkeiten gibt. Die Lieferung des ePapers am Vorabend ist dagegen nur ein schwacher Trost.

Premium News Apps basieren daher zunehmend auf der Logik des Online-News Portals und der Arbeitsweise einer Online-Redaktion. Sie müssen möglichst viel Content in so aktueller und relevanter Form wie möglich liefern.

Auch bei Paid Content gilt: Zeit ist Geld, Geschwindigkeit ist ein Muss.

7. Push Notifications als Killer-Feature zur Nutzerbindung

Nutzer bleiben einem Paid Content Angebot eher treu, wenn sie es regelmäßig auch tatsächlich in Anspruch nehmen. Die Optimierung der sogenannten “User Retention” ist daher einer der erfolgskritischsten KPI. Um so häufiger man den Nutzer aktivieren kann, desto länger wird er zahlender Kunde bleiben.

In der mobilen Welt ist die Nutzerbindung noch wichtiger. Zumal viele unterschiedliche Apps um Aufmerksamkeit werben. Als absolutes “Killer Feature” spielen sogenannte Push Notifications eine Schlüsselrolle, um Nutzer schnell und jederzeit über die wichtigsten Dinge zu informieren. Push Notifications werden von Apple und Google im Rahmen der regelmäßigen Updates permanent verbessert und den Apps werden mehr Optionen geliefert. Mittlerweile lassen sich Push Notes, um Teaser Inhalte wie Bilder ergänzen, mit Tönen versehen oder auch auf Basis bestimmter Vorlieben personalisieren.

Zu viele Meldungen nerven den Nutzer und führen schnell dazu, dass sie abgestellt werden. Gut gemacht bieten sie einen echten Mehrwert, den in dieser Form keine Website bzw. kein Browser auf dem Smartphone bieten kann.

8. Datenschutz und Sicherheit

Das werbefinanzierte Internet mit seinen großen Plattformen ist aufgrund strenger Datenschutzanforderungen speziell in Europa unter Druck. Methoden und Technologien der digitalen Werbewelt so viele Daten wie möglich zu sammeln, zu vermarkten und weiterzugeben, werden hinterfragt.

Experten erwarten, dass sich die Rahmenbedingungen in Sachen Datenschutz und Privatsphäre in den nächsten Jahren weiter verschärfen werden und dass dies negativen Einfluss auf Umsatzpotenziale und TKPs in der klassischen Online-Vermarktung haben wird. Es ist zu befürchten, dass die großen Plattformen gegen die viele dieser Gesetze und Verordnungen eigentlich gerichtet sind, letztlich sogar davon profitieren.

Native Apps bieten Nutzern im Gegensatz zu normalen Websites ein höheres Maß an Sicherheit und Schutz. Bei iOS kontrolliert Apple jede App und auch bei Android werden die Kontrollmechanismen verbessert. Natürlich gibt es auch bei Apps noch zu viel Missbrauch, doch das Ökosystem wird überwacht und basiert nicht so stark auf Werbung und Tracking wie klassische Websites. Zudem bieten Apps heute schon Methoden der sicheren Authentifizierung wie Face-ID oder einen Fingerprint-Sensor, die Missbrauch erschweren.

Datenschutz, Privatsphäre und Sicherheit sind wichtige Themen für viele Nutzer, besonders auch in den älteren Zielgruppen. Ihre Bedeutung wird mittelfristig zunehmen. Die Nachfrage nach sicheren, vertrauenswürdigen Angeboten wie nativen Apps wird daher wachsen.

9. Komfortable und sichere Bezahlmethoden

Ein Zeichen für die höhere, wahrgenommene Sicherheit im mobilen App-Ökosystem ist die Tatsache, dass das Bezahlen in bzw. für Apps schon lange ein Standard ist. Im Web ist es – auch weil viele Nutzer Sicherheitsbedenken haben – heute noch immer nicht überall verbreitet. Die Hürde aus Nutzerperspektive ist höher.

In nativen Apps haben Nutzer gelernt, dass sie auf einer sicheren Plattform mit wenigen Schritten zahlen können. In den App Store Accounts sind Bezahlmethoden hinterlegt, die den Transaktionsprozess einfach machen. Davon profitieren auch Paid Content Produkte, die letztlich auch auf diese Art von Einfachheit angewiesen sind.

Die Nutzung der App Stores zur Abwicklung von Bezahlprozessen für Einzelverkäufe oder auch Abo-Modeele ist eine wertvolle Option, die besonders bei einfachen, niedrigpreisigen Angeboten nachweislich für mehr Umsatz sorgt. Webseiten ist diese Option vorenthalten.

10. Personalisierung

Ein Thema, welches vor dem Hintergrund des “Information Overload” in den Fokus rückt, ist die Personalisierung von Nachrichten und Inhalten. Alle großen Plattformen (Facebook, Youtoube) und auch viele Abo-Modelle im Bereich Inhalte (bspw. Netflix, Spotify) arbeiten mit personalisierten Feeds, Playlists, Empfehlungen oder Teaser-Inhalten. Nachrichten-Apps und -Aggregatoren haben dieses Prinzip speziell auf den kleinen Screens beliebt gemacht.

Personalisierung kann automatisiert oder nutzergesteuert realisiert werden. Vor allem nutzergesteuert haben Apps hier zwei entscheidende Vorteile: Erstens sind es Nutzer in Apps gewohnt einen Newsfeed anhand eigener Schalgworte, Begriffe oder Filter nach Ihren Bedürfnissen anzupassen und zweitens lässt sich dies viel leichter speichern und mit einer einfachen Benutzerführung praktisch umsetzen. Auf klassischen Webseiten ist dies technisch aber auch konzeptionell wesentlich schwieriger.

Personalisierter Inhalte- und Nachrichtenkonsum findet heute vor allem in nativen Apps statt.

Zusammenfassung

Das Smartphone ist nicht einfach ein kleinerer Screen. Es hat ein vollständig neues Ökosystem etabliert, welches eine Verbreitung gefunden hat, die die Penetration klassischer PCs bei weitem übersteigt. Betrachtet man diese Zahlen und schaut sich die relevanten strategischen Optionen an, wird klar:

Eine nachhaltig erfolgreiche Paid Content Strategie ohne eigene Apps ist daher – unabhängig von Inhalt und Zielgruppe – schwer vermittelbar. Praktisch alle heute mit Paid Content erfolgreichen Verlagshäuser im In- und Ausland setzen daher auch auf eigene Apps.

Wie ein berühmter Internet-Pionier und Investor so schön sagte:

“Mobile is eating the world”

Marc Andreessen